Die KI weckt Interesse – oder wirft zumindest Fragen auf. Das ist das Fazit der gemeinsam vom FAV und FPE organisierten Veranstaltung. Vor einem Publikum von rund 200 Personen gab Christian Schafer, stellvertretender Direktor des FAV, den offiziellen Startschuss: „Die Teilnehmerzahl ist ein Ausdruck der Neugier und der Bedeutung, die der KI beigemessen wird.“ Dank vier praxisorientierter Workshops und einer abschliessenden Podiumsdiskussion konnten die Organisatoren eine klare Erwartung erfüllen: die konkreten Folgen der KI auf Freiburger Unternehmen zu verstehen und deren Chancen zu nutzen, ohne die rechtlichen, ethischen oder menschlichen Herausforderungen auszublenden. Eine Veranstaltung, die das wachsende strategische Interesse an dieser Technologie im regionalen Wirtschaftsgefüge bekräftigte.

Workshop: Wie startet man konkret mit KI?
Moderiert von Sébastien Rumley, assoziierter FH-Professor und Teamleiter bei iCoSys – HTA-FR, Célien Donzé, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei iCoSys – HTA-FR und Damien Perritaz, CTO von Asyril
Im ersten Workshop zum Thema Künstliche Intelligenz hoben die Referenten konkrete Vorteile für KMU hervor: optimiertes Marketing, effizientere Prozesse, bessere Entscheidungsunterstützung. Mithilfe von KI lassen sich Anomalien erkennen und die Gesamtleistung verbessern. Ihre Einführung stösst jedoch noch immer auf Hemmnisse oder Vorbehalte: etwa fehlendes Wissen, zum Teil hohe Integrationskosten sowie zunehmende Bedenken bezüglich des Datenschutzes.
Das Swiss AI Center, in Partnerschaft mit der HES-SO und iCoSys, unterstützt KMU gezielt bei dieser neuen digitalen Transformation – mit Bedarfsanalysen, Einführungsworkshops sowie deren Vermittlung von Kontakten zu über 150 Ingenieurinnen und Ingenieuren und einem starken Unternehmensnetzwerk.
Auf die zentrale Frage: Wie konkret mit KI starten? betonten die Redner die Wichtigkeit einer gründlichen Bedarfsklärung.
„Man muss sich zunächst die Frage stellen, welches Problem man lösen will und warum man dies mit KI tun möchte“, fasste Sébastien Rumley zusammen.
Einfache Einsatzmöglichkeiten identifizieren, in kleinem Rahmen testen, im Team Wissen aufbauen – das seien zentrale Etappen, um Fortschritte zu machen. Dabei sei es wichtig, sich der Risiken, der Verzerrungen und Kosten bewusst zu sein.
Célien Donzé betonte: „Die KI ist ein Spiegelbild der Daten. Wenn die Daten verzerrt sind, werden auch die Ergebnisse verzerrt sein“. Er wies ausserdem auf eine wichtige Problematik hin: „Die allgemeinen Nutzungsbedingungen – oft sehr vage“, und unterstrich die Notwendigkeit eines verantwortungsbewussten Umgangs mit diesen Technologien. Ein Ansatz, dem auch das Unternehmen Asyril folgt. CTO Damien Perritaz erklärte, dass die Mitarbeitenden KI-Tools zunächst frei testen konnten. Anschliessend wurde die Nutzung anhand konkreter Anwendungsfälle strukturiert – mithilfe interner Arbeitsgruppen.
Alle drei Referenten waren sich einig. Vor dem Einsatz von KI gilt es, den Bedarf zu klären, sich weiterzubilden und die finanziellen Aspekte zu analysieren, um die passende IT-Lösung zu finden. KI sollte nicht als Risiko, sondern als Chance verstanden werden, die es schrittweise zu erkunden gilt.
Workshop: Anwendungsbeispiele von KI im Personalwesen und im Arbeitsrecht
Moderiert von Thérèse Anatrà-Luchinger, Juristin bei der FPE und Patrick Zwahlen, Head of Romandie HR Campus
„Der HR-Bereich wird durch KI rasch verändert werden“, betonte Patrick Zwahlen und verwies auf eine französische Studie, laut der viele, insbesondere repetitive HR-Aufgaben, bis 2027 höchstwahrscheinlich durch KI ersetzt werden. Das Verfassen von Stellenanzeigen, Arbeitszeugnissen oder die Bearbeitung von Lohnabrechnungen wurden als konkrete Anwendungsbeispiele genannt. „Viele digitale Tools stehen zur Verfügung, um Unternehmen bei ihrer Digitalisierung zu unterstützen, und seit zwei Jahren wird KI vermehrt in diese Instrumente integriert“, erinnerte der Head of Romandie HR Campus.
Auch im Arbeitsrecht wirkt KI als Wissensbeschleuniger. Thérèse Anatrà-Luchinger nannte Anwendungsfälle,bei denen KI unterstützend eingesetzt werden kann, etwa bei der Auslegung eines GAV oder der Überprüfung bestimmter Klauseln in einem Arbeitsvertrag. Sie mahnte jedoch zur Vorsicht: „Es ist erforderlich, über Kenntnisse im Arbeitsrecht zu verfügen, um relevante Antworten zu erhalten und ein kritisches Auge zu bewahren.“ Sie verwies auf die Juristen-KI REF-lex.ch, die von der Fédération des Entreprises Romandes (FER) entwickelt wurde und Informationen liefert, die auf Schweizer Recht basieren.
Beide Referierenden betonten die Potenziale der KI in ihren spezifischen Bereichen, warnten jedoch zugleich vor den Grenzen: Datenschutz, unternehmensspezifische Besonderheiten und Prozesse müssten berücksichtigt werden. Ihr Appell an das Publikum: sich mit KI auseinanderzusetzen und sie gezielt zur Unterstützung bei Alltagsaufgaben nutzen.



Workshop: KI in Unternehmen: Wie kann man sie regeln?
Moderiert von Martina Guillod, Juristin beim FAV und Livio di Tria, Partner bei YB Conseils & Solutions Sàrl
In der Schweiz gibt es keinen rechtlichen Rahmen, der die Künstliche Intelligenz regelt. Daher ist es wichtig, sie innerhalb des Unternehmens mithilfe von Richtlinien zu regeln. Bevor jedoch eine solche Richtlinie erstellt wird, müssen grundlegende Fragen geklärt werden: Warum soll KI im Arbeitsalltag eingesetzt werden? Welche Tools sollen verwendet werden? Und was darf KI tun und was nicht?
KI kann, ebenso wie der Mensch, der sie programmiert hat, Verzerrungen unterliegen. Daher müssen ihre Intelligenz und ihre Ergebnisse stets kritisch hinterfragt werden. Die Gewährleistung der Vertraulichkeit der Daten ist von entscheidender Bedeutung, ebenso wie Transparenz gegenüber den verschiedenen Interessengruppen hinsichtlich ihrer Nutzung. KI bietet zweifellos enorme Möglichkeiten, doch sie sollte ausschliesslich als Werkzeug verstanden werden. Die für einen Beruf nötigen Kompetenzen bleiben unverzichtbar, nicht alles lässt sich durch KI ersetzen.
Beim Erstellen einer Richtlinie können sich Unternehmen an bestehenden Beispielen orientieren. Livio di Tria, Rechtsexperte für neue Technologien, und Martina Guillod, empfehlen, mindestens folgende Punkte zu integrieren:
- Ziele
- Definitionen und Erklärungen
- Anwendungsfälle und geprüfte Tools
- Warnhinweise mit Risikobeispielen
- Einfache Verhaltensregeln
- Eine interne Kontaktperson
In diesem Prozess ist es entscheidend, die Mitarbeitenden durch Information und Begleitung einzubeziehen. Die rasante Entwicklung der KI erfordert eine laufende Aktualisierung der Richtlinie und regelmässige Erinnerung an deren Inhalte. Ziel ist es, die Richtlinie im Alltag aktiv zu leben.
Workshop: ChatGPT: Die richtige Frage stellen, um die richtige Antwort zu erhalten

Moderiert von Jehan Laliberté, Mitbegründer von Systemz Sàrl
„Künstliche Intelligenz ist ein leistungsstarkes Werkzeug, wenn man weiss, wie man es richtig einsetzt“, eröffnete Jehan Laliberté den Workshop. Bevor man der KI eine gute Frage stellen könne, müsse man verstehen, wie sie funktioniert. ChatGPT basiert auf drei wesentlichen Bausteinen. Der erste ist die sogenannte Tokenisierung: Jeder geschriebene Text wird in kleine Einheiten, sogenannte Tokens, zerlegt (im Durchschnitt entspricht ein Token etwa vier Zeichen). Danach folgt der Aufmerksamkeitsmechanismus, der es dem Modell erlaubt zu bestimmen, welche Teile des Textes für die Antwort besonders relevant sind, weshalb eine klare, strukturierte Fragestellung entscheidend ist. Der dritte Baustein ist Sprachmodellierung: ChatGPT prognostiziert das wahrscheinlichste nächste Wort im jeweiligen Kontext.
Die KRAFT-Methode für einen gut aufgebauten Prompt
- Kontext: Geben Sie Ausgangssituation, Anforderungen und Zielpublikum an
- Rolle: Weisen Sie der KI eine Rolle zu (z. B. „Handle wie ein HR-Spezialist“)
- Aktion: Verwenden Sie Handlungsverben (erklären, zusammenfassen, übersetzen…)
- Format: Definieren Sie die gewünschte Ausgabe Liste, Tabelle, WhatsApp-Nachricht usw.
- Tonalität: Wählen Sie einen Tonfall (professionell, humorvoll, poetisch, abgehoben…)
Der Praxistipp von Jehan Laliberté: ChatGPT versteht keine Schlüsselwörter, sondern Absichten. Je präziser die Eingabe, desto mehr wird die KI zum echten kreativen Mitspieler. Die Empfehlung: KI nicht als Ersatz fürs Denken nutzen – sondern als Anregung dazu.



Dichte an Informationen
Am Ende dieses kompakten und inhaltsreichen Anlasses herrschte unter den Referierenden ein klarer Konsens: Unternehmen müssen jetzt mit der Transformation hin zur KI beginnen. Ob im HR, Ingenieurwesen oder im Rechtsbereich, KI wird sich als unverzichtbares Werkzeug etablieren, vorausgesetzt, sie wird überlegt geregelt, verstanden und integriert. Dieser technologische Wandel ist keine Option mehr, sondern ein Muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben. In der abschliessenden Podiumsdiskussion, moderiert von Pascal Charlet, stellvertretender Direktor der FPE, wurde eine starke Botschaft vermittelt: KI hält Einzug in die Unternehmen, in deren eigenem Tempo, nicht im Takt der Technologiegiganten. Dieser Ansatz ermöglicht eine schrittweise Einführung, die im Einklang mit den Werten und der Leistungsfähigkeit des Freiburger Wirtschaftsgefüges steht. Die Veranstaltung hat damit ihre Aufgabe voll und ganz erfüllt, nämlich zu informieren, zu besänftigen und vor allem Lust auf konkretes Handeln zu wecken.
Kernstatistiken
- 40% der Unternehmen stehen dem Einsatz von generativer KI positiv gegenüber.
- 10% der Unternehmen verbieten den Einsatz.
- 46% der Mitarbeitenden nutzen KI regelmässig, oft heimlich.
- 61% der Unternehmen haben noch keine Richtlinien für den KI-Einsatz, was auf einen mangelnden Umgang mit dem Thema hindeutet.
Anmerkung: Statistiken vom Sommer 2024