Die Welt der Berufsbildung traf sich Mitte September in Lyon zu den WorldSkills 2024 – einem Grossereignis für das Schweizer Nationalteam, das in 41 verschiedenen Berufsrichtungen antrat. «Diese Mission ist bemerkenswert gut verlaufen», freut sich Teamleiter Laurent Seppey und erinnert daran, dass es seit 2019 keine zentral organisierten WorldSkills mehr gegeben hatte. Die Veranstaltung 2022 musste wegen der Covid- 19-Pandemie weltweit dezentral durchgeführt werden. Die Wettbewerbe erstreckten sich über vier Tage und die Stimmung war ausgelassen. «Es kamen täglich mehr als 50 000 Besucherinnen und Besucher, was nicht nur eine grosse Unterstützung, sondern auch viel Lärm für die Teilnehmenden bedeutete », erklärt Laurent Seppey. Die gut vorbereitete Schweizer Delegation konnte damit umgehen, auch wenn einige Anpassungen nötig waren. So befand sich der Arbeitsplatz der Schneiderin Stéfanie Fahrni beispielsweise in der Nähe eines Durchgangs. Um sich besser konzentrieren zu können, trug sie neben Gehörschutz auch Ohrstöpsel. Ein Mittel von vielen, um ihre Leistung trotz der Menschenmenge abzurufen. «Wir lehren unsere Teilnehmende, jeden Tag so anzugehen, als wäre es der erste. Zu viel Selbstvertrauen oder Motivationsverlust können fatal sein», betont der Teamleiter. Bei den WorldSkills gewinnt diejenige oder derjenige, die/der die wenigsten Fehler macht. Es ist entscheidend, fokussiert auf die eigenen Ziele zu bleiben.» In den Top 10 entscheiden oft mentale Fähigkeiten und Präzision über den Erfolg. Die so genannten Soft Skills werden durch die Unterstützung eines persönlichen Mentaltrainers gefördert, eine Massnahme, die 2019 eingeführt wurde und sich als äusserst effizient erweist.
Internationale Konkurrenz
Die Medaillenernte war für das Nationalteam erneut reichlich: 15 Medaillen und 21 «Medaillons of Excellence», die an die Jugendlichen vergeben werden, die mindestens 700 von maximal 800 Punkten erreichen. Damit belegte die Schweiz den dritten Platz in der Nationenwertung, hinter China und Südkorea. «Wir reisen zu den WorldSkills, um zu gewinnen», sagt Laurent Seppey und fügt hinzu: «Wir wissen, dass alle Jugendlichen durch die intensive Vorbereitung von Januar bis September das Potenzial haben, einen Podestplatz zu erreichen. Diese Vorbereitung hilft ihnen, den Wettkampf so reibungslos wie möglich zu durchlaufen.» China und Südkorea dominieren seit einigen Jahren. Diese beiden Länder verfügen über eine viel grössere Teilnehmerbasis als die Schweiz, und eine Medaille an den WorldSkills bedeutet für die Teilnehmenden dort oft einen sozialen Statuswechsel. «Unsere jungen Leute kommen aus dem dualen Berufsbildungssystem und bereiten sich neben ihrer Arbeit auf diesen internationalen Wettbewerb vor», erklärt Laurent Seppey. «Sie investieren ein bis zwei Tage pro Woche sowie ihre Wochenenden, während die chinesischen und koreanischen Teilnehmenden Vollzeit trainieren. Diese unterschiedliche Herangehensweise macht die Schweizer Ergebnisse umso bemerkenswerter.» Noch bevor die Ergebnisse feststanden, nutzte das Nationalteam die Gelegenheit, beim traditionellen Schweizer Abend zu feiern. Dieser wird seit 2013 vom Supporter Club organisiert, einer Unterstützerorganisation, die zur Finanzierung der Schweizer Wettkämpferinnen und Wettkämpfer beiträgt. «Nachdem sie alles gegeben haben, aber bevor die Endergebnisse verkündet werden, feiern wir mit den Jugendlichen und ihren Familien», erzählt Laurent Seppey. In Lyon herrschte dieses Jahr eine besondere Feststimmung, da fast 2000 Fans aus der Schweiz anwesend waren – darunter Familien, Freunde und politische Vertreter. «Die Behörden waren da, was zeigt, dass politische Unterstützung vorhanden ist. Wir spüren eine wachsende Begeisterung, und das ist entscheidend für unsere Jugendlichen.»
Die Zeit des Abschieds
Nach Abschluss des Wettbewerbs ist es Zeit, Abschied zu nehmen. Das Nationalteam wird sich ein letztes Mal zu einem Nachbesprechungswochenende treffen, bevor alle wieder ihre eigenen Wege weitergehen. «Wir sehen die ehemaligen Teilnehmerinnen und Teilnehmer oft im Rahmen unseres Botschafterprogramms wieder, das darauf abzielt, die Jugendlichen durch die Berichte derjenigen zu inspirieren, die diese Erfahrung gemacht haben», erklärt Laurent Seppey. Die geknüpften Bindungen reissen nur selten ab, da die gemeinsam erlebten Emotionen so stark waren. Diese Wettkämpfe verändern das Leben der Teilnehmenden nachhaltig. «Es sind nicht die Jugendlichen selbst, die sich verändern, aber sie erkennen, dass sie alles erreichen können, wofür sie sich ein Ziel setzen», meint der Teamleiter. Laurent Seppey blickt bereits in die Zukunft und bereitet sich auf die EuroSkills 2025 vor, die in Dänemark stattfinden werden. Die Auswahlverfahren werden innerhalb der OdAs, den Berufsverbänden, wieder aufgenommen, die für die Ausbildung und die Auswahl der Kandidatinnen und Kandidaten verantwortlich sind. «Die Selektion erfolgt durch Kolleginnen und Kollegen, was uns zu Kreativität beim Teamaufbau verpflichtet. Wir können nicht für jede Aufgabe das gleiche Rezept anwenden», schliesst er ab.
3 Fragen an Besart Memeti Freiburger, Kandidat bei den WorldSkills Lyon im Bereich IT Software Solutions for Business
Wie haben Sie sich auf die Teilnahme an den WorldSkills vorbereitet?
Bei der Vorbereitung hat mir mein Experte Claudio Violi und Mentaltrainer Thomas Burch geholfen. Das Training hat grösstenteils so ausgesehen, dass ich einen Tag pro Woche in Übungsaufgaben investiert habe. Diese habe ich dann simultan mit meinem Experten evaluiert und die nächsten Schritte festgelegt. Meinen Mentaltrainer habe ich in regelmässigen Intervallen besucht. Gemeinsam haben wir angeschaut, wie ich meine mentale Leistungsfähigkeit optimieren kann.
Wie haben Sie den Wettbewerb bei den WorldSkills erlebt?
Die WorldSkills waren eine grossartige Erfahrung. Es war das grösste Event, an welchem ich als Kandidat teilnehmen durfte. Alles war sehr eindrücklich und man hat im Moment mehr erlebt, als man verarbeiten konnte. Das SwissSkills National Team um sich zu haben und gute Freundschaften schliessen zu können war sehr bereichernd. Was mir am Wettbewerb per se am meisten gefallen hat, war das globale und kompetitive Umfeld. Man konnte Fachleute aus aller Welt treffen und sich mit den besten der Welt messen.
Was haben Sie von deiner Erfahrung in Lyon mitgenommen?
Die Gesamterfahrung ist das, was ich mitnehmen werde. Man hat eine Geschichte, die man erzählen kann. Das werde ich nicht nur für meine Karriere, sondern für mein Leben mitnehmen.