Laut Bundesgericht müssen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Konflikten oder Leiden am Arbeitsplatz an eine Vertrauensperson ausserhalb der Hierarchie wenden können, um Rat und Unterstützung zu erhalten. Diese Verpflichtung geht zurück auf das Jahr 2012 und gilt für alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Grösse. Da die Geschäftsleitung und die Personalabteilung nicht hierarchieunabhängig sind, haben viele Unternehmen eine externe Vertrauensperson ernannt.
Eine Massnahme im Dienste der Arbeitgeber …
Das Bundesgericht fällte kürzlich ein interessantes Urteil (8C_148/2023), das verdeutlicht, dass die Ernennung einer Vertrauensperson nicht nur obligatorisch ist, sondern für Arbeitgeber auch von Nutzen sein kann. Im vorliegenden Fall berichtete ein erkrankter Arbeitnehmer der Personalabteilung, dass er Opfer von Mobbing geworden sei. Die Personalabteilung wies ihn auf die Existenz und die Kontaktdaten der Vertrauensgruppe hin, an die sich der Beschäftigte wenden könne, wenn er sich als Opfer von Mobbing fühle. Der Arbeitnehmer nutzte dieses Angebot jedoch nicht. Später, nach seiner fristlosen Entlassung aus anderen Gründen, erhob er erneut Mobbingvorwürfe. Das Bundesgericht berief sich auf die kantonale Rechtsprechung und bestätigte diese, indem es ausführte: «Es wird vermutet, dass kein Mobbing vorliegt, wenn ein Arbeitnehmer sich in einem Kündigungsverfahren darüber beschwert, ohne jedoch zuvor die Vertrauensgruppe kontaktiert zu haben, obwohl diese ihm zur Verfügung gestanden hätte und auf diese Problematik spezialisiert gewesen wäre.»
In anderen Urteilen konnte der Arbeitgeber dem Vorwurf der missbräuchlichen Kündigung entgehen, da er nachweisen konnte, dass er Vorkehrungen zum Schutz der Persönlichkeit der Beschäftigten getroffen hatte, einschliesslich die Ernennung einer Vertrauensperson. Aus diesen Urteilen wird deutlich, dass die Ernennung einer Vertrauensperson für jeden Arbeitgeber, der im Rahmen eines Kündigungsverfahrens mit Vorwürfen konfrontiert wird, von Vorteil ist. Die blosse Ernennung allein reicht jedoch nicht aus; vielmehr müssen die Arbeitnehmenden über die Existenz der Vertrauensperson informiert sein und wissen, wie und in welchen Situationen sie diese kontaktieren können.
… vorausgesetzt, sie wird kommuniziert!
In einem Fall von sexueller Belästigung verurteilte das Bundesgericht eine Arbeitgeberin, die zwar Massnahmen zur Prävention getroffen, diese jedoch nicht ausreichend kommuniziert hatte (4A_283/2022). Das Bundesgericht hielt fest, dass «die Arbeitgeberin zwar über diese Instrumente verfügte, deren Anwendungsweise jedoch nicht beherrscht wurde und dem Personal sogar unbekannt war, da die Erklärungen für die Beschäftigten nur sehr oberflächlich erfolgten». Das Bundesgericht stellte ausserdem fest, dass «die Angestellten mit Führungsposition das interne Verfahren, das im Falle einer Anzeige wegen sexueller Belästigung zu befolgen ist, offensichtlich nicht kannten, was auf einen erheblichen Mangel an Sorgfalt hindeutete». Aufgrund mangelnder Kommunikation und Aufklärung bezüglich dieser Massnahmen wurde die von der Arbeitgeberin ausgesprochene Kündigung als missbräuchlich beurteilt. Darüber hinaus wurde die Arbeitgeberin zu einer Entschädigungszahlung wegen sexueller Belästigung verurteilt.
Fazit
Es wird jedem Arbeitgeber nachdrücklich empfohlen, seine Präventionsmassnahmen bekannt zu machen, insbesondere die Ernennung einer Vertrauensperson ausserhalb der Hierarchie. Die Bekanntmachung sollte regelmässig wiederholt werden, beispielsweise bei Personal sitzungen, und auch neue Mitarbeitende müssen angemessen informiert werden. Die Arbeitnehmenden sollten über diese Unterstützungsmöglichkeit informiert sein sowie darüber, in welchen Situationen sie in Anspruch genommen werden kann. Zudem ist das Anbringen einer entsprechenden Information an einem Ort mit viel internem Publikumsverkehr (z. B. in der Cafeteria oder am Empfang) zweckmässig.
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