Die Berufsweltmeisterschaften, die WorldSkills, werden vom 10. bis 15. September 2024 in Lyon ausgetragen. Teilnehmende junge Berufsleute und Lernende aus der ganzen Welt treten in verschiedenen Berufen und Disziplinen gegeneinander an. 45 Jugendliche aus der Schweiz repräsentieren dabei 41 Berufe. In einigen Fachrichtungen, wie beispielsweise Garten- und Landschaftsbau, werden die Wettkämpfe im Zweierteam ausgetragen.
Die jungen Berufsleute, die derzeit auf dem offiziellen Foto des Nationalteams zu sehen sind, bringen bereits Erfahrung aus verschiedenen Wettbewerben mit. «Die Auswahlverfahren werden von den OdAs (Organisationen der Arbeitswelt) der einzelnen Berufe organisiert», erklärt der Teamchef des Nationalteams, Laurent Seppey. Ausscheidungen finden je nach Beruf in Form von Berufsmeisterschaften, manchmal auf kantonaler oder regionaler Ebene, statt. Die besten Kandidatinnen und Kandidaten nehmen an den SwissSkills teil und die Gewinnerinnen und Gewinner werden schliesslich für die EuroSkills oder die WorldSkills ausgewählt. Einige durchlaufen eine letzte Auswahlrunde auf länderübergreifender Ebene, bevor sie offiziell ins Nationalteam aufgenommen werden. Dieser Prozess ist entscheidend, um junge Talente auszuwählen, die nicht nur in ihrem jeweiligen Beruf begabt sind, sondern auch die notwendige Motivation mitbringen, bis zum Ende des Wettbewerbs zu bestehen.
Reifebeschleuniger
Es braucht Ausdauer. Sobald das Nationalteam gebildet ist, findet von Januar bis September jede Woche eine Trainingseinheit statt. Jeder Kandidat und jede Kandidatin wird von einem Experten oder einer Expertin im jeweiligen Fachgebiet betreut. Gleichzeitig erfolgt ein physisches und mentales Coaching, das von SwissSkills organisiert und geleitet wird. «Um den Zusammenhalt zwischen den Kandidatinnen und Kandidaten sowie den Expertinnen und Experten zu stärken, veranstalten wir Teamweekends. Diese sind für eine optimale Vorbereitung unerlässlich», betont Laurent Seppey. In den letzten sechs Monaten vor dem Wettkampf nimmt alles Fahrt auf. «Die Jugendlichen werden wie Hochleistungssportlerinnen und -sportler betreut, erhalten eine Medienausbildung und umfassende Rundumbetreuung. Das letzte Halbjahr ist ein wahrer Reifebeschleuniger», stellt der Teamleiter fest.
Die Jugendlichen profitieren von einem individuellen mentalen Coaching. «Diese Betreuung ist vor dem Wettbewerb, während des Wettbewerbs und besonders danach wichtig», unterstreicht Laurent Seppey und erklärt: «Nach Abschluss des Wettbewerbs könnten die jungen Teilnehmenden ein Gefühl der Niedergeschlagenheit verspüren, da sie sich mit Leib und Seele für die WorldSkills eingesetzt haben. Die individuelle Betreuung hilft ihnen, sich nicht allein gelassen zu fühlen.»
All dies ist mit Kosten verbunden. Diese werden teilweise von den SwissSkills übernommen, einer öffentlich-privaten Stiftung, deren Hauptpartner die UBS ist. Für die Vorbereitung erhalten die Jugendlichen 8000 Franken und jede Expertin bzw. jeder Experte 12 000 Franken. Auch der Bund beteiligt sich über das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), indem die Kosten für Unterkunft, Verpflegung usw. während der Teamweekends übernommen werden. «Diese finanzielle Unterstützung zeigt, dass die Politik die Bedeutung dieser Wettkämpfe anerkennt», stellt Laurent Seppey fest und freut sich über das Interesse der Politik an der dualen Berufsbildung.
Asien im Fokus
Die Teams, die es zu schlagen gilt, stammen aus Asien: China, Singapur und Korea. «Sie werden in riesigen Trainingszentren vorbereitet, wo sie ständig dieselben Abläufe üben, um zu gewinnen», erklärt Laurent Seppey. Der Gewinn einer Auszeichnung hat für sie einen ganz anderen Stellenwert, da er den sozialen Aufstieg, einen staatlichen Arbeitsplatz oder sogar Einkommen von bis zu 50 000 Franken bedeuten kann. «Unsere Schweizer Kandidatinnen und Kandidaten haben viel mehr Anerkennung verdient, da sie hart trainieren und gleichzeitig arbeiten. Die Auszeichnungen, die sie mit nach Hause bringen, haben einen ganz anderen Wert», betont der Teamchef.
Was nehmen die Teilnehmenden also aus den Wettbewerben mit? «Erfahrung, persönliche und berufliche Kompetenzen, ein erweitertes Netzwerk», zählt Laurent Seppey auf. Obwohl in der Vergangenheit Preisgelder eingeführt wurden, hat sich SwissSkills davon wieder distanziert, da die Jugendlichen vor den Wettkämpfen finanzielle Unterstützung benötigen, um sich angemessen vorzubereiten. «Die Teilnehmenden streben eher nach Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten als nach Geld», sagt Laurent Seppey.
Diese Ansicht teilt auch Michel Tinguely. Seit über 20 Jahren betreut er junge Menschen im Bereich Automechanik bei den EuroSkills und WorldSkills. «In einem Jahr entwickeln sie sich in ihrer beruflichen Praxis enorm weiter», erklärt der Coach. Obwohl er selbst nie teilgenommen hat, engagiert er sich aus Leidenschaft und mit Stolz, die Schweiz vertreten zu dürfen. «Diese Wettbewerbe fördern wichtige Werte wie Teamgeist, Fairplay und Spitzenleistungen in technischen Berufen.»
Es ist zudem festzustellen, dass diese Wettkämpfe das Leben der Teilnehmenden sowohl persönlich als auch beruflich nachhaltig verändern. Laurent Seppey belegt dies anhand von Erfahrungen ehemaliger Teilnehmender, die nach den WorldSkills Prüfungen oder Projekte mit grosser Gelassenheit angehen. «Die Wettbewerbe fordern sie heraus, ihre Grenzen zu überschreiten. Sie lernen, ihre Energie zu bündeln und sich nach Rückschlägen wieder aufzurappeln», betont der Teamchef. Viele ehemalige Medaillengewinnerinnen und -gewinner sind heute Betriebsleiterinnen und -leiter oder Führungskräfte. Sie alle sind wahre Botschafterinnen und Botschafter der dualen Berufsbildung.
Drei Fragen an Alain Chapuis Kantonsvertreter für die SwissSkills
Welche Verbindung hat der FAV zu den SwissSkills, EuroSkills oder WorldSkills?
Zunächst einmal habe ich das Glück, der kantonale Vertreter der SwissSkills zu sein und beim FAV als Verbandssekretär zu arbeiten. Diese Verbindung macht Sinn, da sich der FAV einerseits stark für die Förderung der dualen Berufsbildung engagiert und er andererseits verschiedene Berufsverbände verwaltet. Letztere organisieren für ihre Jugendlichen Qualifikationswettbewerbe für die SwissSkills und die Besten dieses Wettbewerbs können an den EuroSkills oder den WorldSkills teilnehmen. Diese internationalen Wettbewerbe bringen die besten Lernenden des Landes zusammen, die ihrerseits Beispiele für die Spitzenleistungen sind, die man mit einer Berufslehre erreichen kann. Da die nächsten WorldSkills in Lyon stattfinden, hat der FAV beschlossen, eine Delegation zu entsenden.
Worin besteht Ihr Mandat als Kantonsvertreter für die SwissSkills?
Jeder Westschweizer Kanton hat einen kantonalen Vertreter für die SwissSkills. Unsere Aufgabe ist es, die SwissSkills und das, wofür sie stehen, bei den verschiedenen Akteuren der Berufsbildung «zu verbreiten». Wir sensibilisieren die Lehrbetriebe für die Vorteile, die eine Teilnahme ihrer Lernenden an diesem Wettbewerb mit sich bringt. Parallel dazu wird in den Berufsschulen daran gearbeitet, die Lernenden zur Teilnahme am Wettbewerb zu motivieren. Schliesslich gehen wir auch in die Orientierungsschulen, um die Schülerinnen und Schüler für die SwissSkills zu interessieren und so die duale Ausbildung als Ganzes zu fördern.
Unternehmen sind gefordert, wenn einer ihrer Jugendlichen an einem Wettbewerb wie den SwissSkills oder den WorldSkills teilnimmt. Wie reagieren sie darauf?
Es ist schwierig, eine allgemeine Antwort zu geben, aber die grosse Mehrheit zeigt sich sehr aufgeschlossen und aktiv bei der Betreuung ihrer Jugendlichen. Es gibt immer mehr Beispiele, die zeigen, dass Unternehmen, die einen jungen Teilnehmenden oder Medaillengewinner und -gewinnerinnen hatten, in ihrer Branche eine starke Ausstrahlung haben. Parallel dazu erwerben die Jugendlichen neue berufliche und persönliche Kompetenzen, die ihnen später bei ihrer beruflichen Entwicklung von Nutzen sein werden.