Die Arbeitnehmerin war in einem Vollzeitpensum angestellt. Ihr Arbeitsvertrag sah eine Arbeitszeit von 45 Stunden pro Woche, einen Stundenlohn von 18 Franken brutto und eine Ferienentschädigung von 8,33 Prozent vor. Aufgrund einer Reorganisation kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis per 30. September 2020. Die Arbeitnehmerin zog vor Gericht und forderte unter anderem eine Ferienentschädigung von 17340 Franken mit Verzugszins.
Erwägungen
Gemäss Art. 329d Abs. 1 OR hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Ferien den gesamten darauf entfallenden Lohn zu entrichten. Art. 329d Abs. 2 OR bestimmt zudem, dass Ferien während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen oder andere Vergünstigungen abgegolten werden dürfen. In der Vergangenheit ist das Bundesgericht in Ausnahmefällen von diesem klaren Gesetzestext abgewichen, dies mit der Begründung, dass das Verbot der Abgeltung des Ferienlohns mit dem laufenden Lohn bei unregelmässig Beschäftigten Schwierigkeiten bereiten könnte. Die Zulässigkeit eines Lohnzuschlags wurde an drei Bedingungen geknüpft:
1. Es muss eine unregelmässige Beschäftigung vorliegen.
2. Der schriftliche Arbeitsvertrag (wenn vorhanden) muss den für die Ferien bestimmten Lohnanteil (Prozentsatz) klar und ausdrücklich ausweisen
3. Die einzelnen Lohnabrechnungen müssen den für die Ferien bestimmten Lohnanteil (konkreter Betrag) ausweisen.
Für die beiden letzten Voraussetzungen gilt zu beachten, dass der Hinweis «Ferienlohn inbegriffen» nicht ausreicht. Das Bundesgericht hat anschliessend seine bisher ergangene Rechtsprechung untersucht und so zusammengefasst, dass für eine gültige Abgeltung des Ferienlohns mittels Lohnzuschlag unüberwindbare Schwierigkeiten vorliegen müssen, die eine Auszahlung während der Ferien praktisch als nicht durchführbar erscheinen lassen.
Schlussfolgerung
Für das Bundesgericht sind neu bei Vollzeitangestellten keine solchen unüberwindbaren Schwierigkeiten mehr vorhanden, dies dank entsprechenden Softwareangeboten und Zeiterfassungssystemen. Es hat zudem darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber den Ferienlohn auch gesetzeskonform auszahlen könne, wenn er den Ferienlohnanteil zwar periodisch mit dem Grundlohn berechnet und ausweist, ihn aber erst beim tatsächlichen Ferienbezug auszahlt. Aus diesen Gründen hat das Bundesgericht festgehalten, dass der Ferienlohn bei Vollzeitbeschäftigten mit monatlich schwankendem Lohn (z. B. wegen Stunden- oder Akkordlohn) in Zukunft nicht mehr mit einem Lohnzuschlag abgegolten werden darf.
Tipps
Wir raten den Arbeitgebern zu prüfen, ob sie von dieser neuen Rechtsprechung betroffen sind, und die Form der Ferienabgeltung gegebenenfalls anzupassen, da ansonsten die Gefahr einer Doppelzahlungspflicht droht. Ganz allgemein empfehlen wir, wenn immer möglich von Ferienentschädigungen abzusehen, und zwar auch bei Teilzeitangestellten. Nur wenn die oben genannten drei Voraussetzungen erfüllt sind, kann eine Abgeltung des Ferienlohns mit dem laufenden Lohn für Teilzeitangestellte zulässig sein.
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