Vor dem Forum Fribourg sieht man Gruppen von Jugendlichen. Sie bewegen sich auf den Eingang von START ! Forum der Berufe zu. Covid Zertifikate für Besucherinnen und Besucher, die älter sind als 16 Jahre. Maske. Das ist der Preis, der zu zahlen ist, damit die 9. Ausgabe als Präsenzveranstaltung stattfinden kann. Die Stimmung ist ausgelassen: Die Jugendlichen und die Berufsleute sind gleichermassen glücklich, sich «in echt» sehen zu können, nachdem die Ausgabe 2021 in digitaler Form stattgefunden hat. Leichten Herzens und «bewaffnet» mit einem Plan des Forums bewegen sich kleine Gruppen von Schülerinnen und Schülern der Orientierungsschulen von Stand zu Stand. Oft neugierig und manchmal scheu sind sie auf der Suche nach einer Inspiration für ihre Zukunft.
Einige haben schon eine klare Vorstellung im Kopf. Das ist etwa der Fall beim 12-jährigen Neal: «Mich interessiert die Eikon, aber ich werde trotzdem alle Stände besuchen.» Er wird von mehreren Schulkameradinnen und -kameraden begleitet, darunter auch Lily (12): «Mich interessiert die Architektur, ich habe sämtliche Informationen erhalten, die ich gesucht habe.» Keine Zeit für weitere Gespräche, sie müssen sich beeilen, um ihre Lehrerin zu treffen, denn während der START !-Woche finden die meisten Besuche klassenweise statt. An den Wochenenden hingegen schauen die Eltern mit ihren Kindern vorbei.
Der Besuch ist ein Muss
Es herrscht ein grosses Interesse. Viel Zeit wird damit verbracht, sich an den beruflichen Aktivitäten zu versuchen, die
an den von den Berufsverbänden eingerichteten Ständen vorgeführt werden. An den Ständen wurde noch mehr Kreativität
als gewohnt an den Tag gelegt, um die Jugendlichen anzuziehen. Es wird geschweisst, gesägt, gemalt, geklettert, es werden
kleine Werkstücke hergestellt. Die Stände sind eindrücklich und erstrechen sich in die Breite und in die Höhe. Die
Kreativität erfordert ein erhebliches Mass an Geld und Zeit. Die Präsenz an den Ständen wird von den Ausbildnern der überbetrieblichen Kurse (ÜK) und von Lernenden sichergestellt.
Sie zeigen sich erfreut, dass sie sich in Präsenz mit den Jugendlichen austauschen können: «Es ist wichtig, hier sein zu können, «in echt», letztes Jahr war die Dynamik doch ganz anders», führt ein ÜK-Ausbildner von Metaltec aus. Seine Meinung wird am Nachbarstand von suissetec geteilt: «Wir haben den Stand vergrössert, damit die Jugendlichen uns nicht verpassen und damit wir sie für die Bautechnik-Berufe begeistern können.» Das alles in der Hoffnung, dass sich die Jugendlichen für ein Praktikum interessieren, das zur Unterzeichnung eines Lehrvertrags führen könnte. Bei EIT.fribourg-freiburg erleichtert man übrigens Kontakte: «Wir geben den Jugendlichen eine Liste mit den Ausbildungsbetrieben, aufgeteilt nach Kantonsregionen.»
Oft sind die Anstrengungen von Erfolg gekrönt: Die Jugendlichen bleiben bei den Ständen stehen, sie schauen interessiert zu, sprechen aber wenig. Fragen, die gestellt werden, beziehen sich auf die Dauer der Ausbildung, die erforderlichen Fähigkeiten oder den Lohn. START ! Forum der Berufe ist für alle ein Muss. «Die Jugendlichen stehen unter Druck, einen Berufsweg zu finden, und die Veranstaltung lockert diesen, denn sie finden konzentriert an einem Ort zahlreiche Berufe vor und können vergleichen», erklärt ein ÜK-Ausbildner der AFMEC (Freiburger Vereinigung der Tischlereien, Schreinereien, Zimmereien und Möbelfabriken). Er wirft einen Blick auf die Jugendlichen, die gerade daran sind, ein Schneckengetriebe für den Nussknacker zu konstruieren, den sie anschliessend mit nach Hause nehmen können. Eine Erinnerung oder ein Aufruf, dass sie
sich vor den Toren der Berufswelt befinden.
Die nächste Ausgabe von START ! Forum der Berufe wird vom 7. bis 12. Februar 2023 stattfinden.
3 Fragen an Reto Julmy Präsident des Verbands Forum der Berufe START !
Reto Julmy, was haben Sie für ein Gefühl nach Abschluss von START! Forum der Berufe 2022?
Ich bin sehr zufrieden mit dieser 9. Ausgabe, weil sie als Präsenzveranstaltung stattfi nden konnte. Das war eine Erleichterung, denn im Verlauf der Organisation haben wir sämtliche Gefühlslagen durchlaufen – wir haben aber nie die Hoffnung verloren. Das hat sich ausgezahlt, denn die Stimmung war sehr gut. Ich glaube, alle waren glücklich, dass wieder so etwas wie Normalität einkehrte. Letztes Jahr fand START! in digitaler Form statt, das war zwar ein guter Kompromiss, aber nichts kann persönliche, direkte Interaktionen ersetzen.
Die Berufsverbände betreiben einen grossen Aufwand, um an der Messe präsent sein zu können. Wieso ist die Veranstaltung für sie so wichtig?
Das stimmt, die Berufsverbände investieren mehrere zehntausend Franken, um an START ! Forum der Berufe teilnehmen zu können. Sie kreieren spannende und attraktive Stände, um Talente begeistern zu können. Das ist auch der Grund, warum alle Aktivitäten anbieten, die einen Bezug zu «ihrem» Beruf aufweisen. Ich halte diese Aktionen für sehr positiv, denn so können die Jugendlichen die Materie berühren, sie halten die Werkzeuge in der Hand. Für sie ist es ein erster Kontakt mit dem Beruf.
Neben den Jugendlichen muss man aber auch die Eltern überzeugen. Das ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung, auch wenn das Berufsbildungs-Niveau in der Schweiz sehr hoch ist. Bestimmte Berufe leiden immer noch unter Vorurteilen, und Veranstaltungen wie START! Forum der Berufe können helfen, diese abzubauen.
Inwiefern ist diese Veranstaltung nach zwei Jahren Pandemie für die Jugendlichen wichtig?
START! Forum der Berufe ermöglicht es den Jugendlichen, den Horizont zu erweitern, indem sie andere Berufe entdecken, sich aber auch klar werden können über ihre Zukunft. Sie können sich mit Ausbildnern und Lernenden austauschen und so verstehen, was genau einen bestimmten Beruf ausmacht. Dieser Austausch ist sehr wichtig. Der Anlass fand zwei Jahre nach dem Ausbruch von Covid statt und es ist mir ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass die Ausbildungsbetriebe trotz der mit der Pandemie verbundenen Unsicherheiten weiterhin Lehrlinge angestellt haben. Sie haben damit verhindert, dass die Jugendlichen den Preis für die Pandemie zahlen mussten.