Im vergangenen März wurden innert eines Tages die 57 Mitarbeiter inklusive der Lernenden der Raiffeisenbank Freiburg Ost auf Heimarbeit umgestellt. Diese Herausforderung wurde durch die bereits seit 2019 eingeleitete Digitalisierung des Unternehmens deutlich vereinfacht. «Das ganze Personal war bereits mit einem Laptop und einem Telefon mit Skype Business ausgestattet», erklärt Laurent Progin, Leiter Kundenberatung Markt Stadt und Direktionsmitglied der Raiffeisenbank Freiburg Ost. Er gibt zu, dass dies bedeutende Investitionen erfordert habe. Dennoch zeigt er sich erfreut, dass dank dieser Entscheidung bestimmte Probleme vorweggenommen werden konnten, denen zahlreiche Unternehmen, die die Umstellung noch nicht vollzogen hatten, gegenüberstanden. Neben dem Material mussten auch die internen Prozesse angepasst werden: «Die elektronische Post und die Digitalisierung von über 95 % der Kundendossiers war bereits vollzogen, wodurch der Übergang zur Heimarbeit vereinfacht wurde», fügt Nathalie Sahli, Mitglied der Bankleitung und Vertriebsverantwortliche hinzu.
Im März waren die Mitarbeiter jede zweite Woche in Heimarbeit. Dieser Rhythmus hat vielen nicht zugesagt. Ab Mitte Mai konnten Sie an den Arbeitsplatz zurückkehren, da in den Räumlichkeiten an der Rue de l’Hôpital in Freiburg genügend Platz verfügbar war. «Wir machen unsere Arbeit wegen dem Kontakt mit unseren Kunden und Kollegen», lächelt Laurent Progin. Nathalie Sahli fügt hinzu: «Die Angestellten haben unter dem Mangel an Sozialkontakten ganz besonders gelitten.» Sie erzählt, dass in manchen Filialen eine Kaffeepause per Skype eingerichtet worden sei, um den Teamgeist lebendig zu halten und einen informellen Austausch zu ermöglichen.
Auch das Management auf Distanz war für den Leiter des Marktes Stadt keine grosse Herausforderung: «Wir hatten im Rahmen unserer täglichen Aufgaben regelmässigen Austausch per Telefon. Mit meinem Team muss ich keine eigentliche Führungsarbeit leisten.» Was die Verwaltung der Aufgaben, der Kunden und der Projekte anbelangt, nutzen die Mitarbeiter und Direktionsmitglieder die interne Plattform der Bank. Im Bankwesen ist Sicherheit oberstes Gebot und wir können daher keine externe Software wie ClickUp oder Slack nutzen. Für Informationen an die Mitarbeiter wurde eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet.
Die Produktivität ist nicht betroffen
Die Zahlen zeigen, dass die Produktivität der Bank nicht unter der Heimarbeit gelitten hat. Wird sie also auch nach der Krise eine mögliche Option bleiben? «Ja» lautet die Antwort von Nathalie Sahli und Laurent Progin. Raiffeisen Schweiz hat bereits ein Reglement umrissen, das jede Raiffeisenfiliale nach Bedarf umsetzen kann, und in der Bank Freiburg Ost soll es angewendet werden. So nutzen es bestimmte Mitarbeiter bereits für ganz spezifische Aufgaben – wie bei der Finanzanalyse komplexer Dossiers. «Die Heimarbeit bietet ein ruhigeres Umfeld, als wenn wir vor Ort arbeiten und öfter unterbrochen werden; das kann bei bestimmten Arbeiten zur Steigerung der Effizienz beitragen», meint Laurent Progin, der die Heimarbeit für sämtliche Aufgaben des Teammanagements nutzt: «Ich muss mir keine Gedanken über die Vertraulichkeit machen, ich kann alles ausbreiten und effizient arbeiten.»
Bei der Option, die Heimarbeit einen Tag pro Woche beizubehalten, stellt sich die Frage nach der Kontrolle der Mitarbeiter. Gemäss Laurent Progin darf man sich dabei keine Naivität leisten: «Ich habe von Fällen ausserhalb der Raiffeisen gehört, in denen die Mitarbeiter erwiesenermassen während der Arbeitszeit nicht gearbeitet haben.» Nathalie Sahli differenziert: «Ich denke, man muss ihnen vertrauen. Für mich bietet die Heimarbeit die Gelegenheit, einen besseren Ausgleich von Privat- und Berufsleben zu finden.» Beide versichern, dass die Einrichtung einer Spyware zur Kontrolle der Arbeit ihrer Mitarbeiter keine Option sei.
Wussten Sie?
Während der Pandemie schnellte der Verkauf von Spyware in den Vereinigten Staaten in die Höhe. Zwar besteht ein legitimes Interesse des Arbeitgebers, die Produktivität seiner Mitarbeiter im Home Office zu überprüfen, jedoch gelten dabei in der Schweiz äusserst strenge Regeln. Dazu gehört die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen. Konkret muss der Arbeitgeber seine Mitarbeiter vorher informieren und konsultieren und das am wenigsten einschneidende Mittel wählen. Demnach ist die Nutzung von Spyware, die Websitenutzung in Echtzeit speichert oder alle fünf Minuten Screenshots erstellt, unzulässig. Lesen Sie mehr hier!