Strategisches Instrument im Dienste der Entscheidungsträger


Der Wohnungs- und Immobilienmonitor Freiburg analysiert die Trends auf dem Mietmarkt und liefert zuverlässige Daten. Seine Analysen unterstützen wirtschaftliche und politische Entscheidungsprozesse.

Nach fünf Jahren intensiver Arbeit ist der Wohnungs- und Immobilienmonitor Freiburg einen wichtigen Schritt weiter. Marilyne Pasquier, Professorin an der Hochschule für Wirtschaft Freiburg (HSW-FR) und Leiterin des Projekts, zieht eine Bilanz der erzielten Fortschritte und beleuchtet die Zukunftsperspektiven dieses Instruments, das eine entscheidende Rolle bei der Steuerung der öffentlichen Politik und der Immobilieninvestitionen spielen könnte.

Können Sie erklären, wie es zur Entstehung des Wohnungs- und Immobilienmonitors kam und was seine Hauptaufgabe ist?

Alles begann mit dem politischen Entscheid, das kantonale Wohngesetz im Jahr 2018 abzulehnen. In diesem gesetzgeberischen Vakuum machte eine Studie der HSW-FR den dringenden Bedarf an einer fundierten Beobachtung des Freiburger Mietmarktes deutlich. Daraufhin entstand eine öffentlich-private Partnerschaft, die zentrale Akteure vereinte: den Mieterverband, die Freiburger Kantonalbank, die Raiffeisenbanken, die Handels- und Industriekammer des Kantons Freiburg, die Immobilienkammer Freiburg, die kantonale Gebäudeversicherungsanstalt, den Freiburger Arbeitgeberverband sowie Vertreter der kantonalen und kommunalen Behörden. Ihr gemeinsames Ziel war es, ein Instrument zu schaffen, das zuverlässige und objektive Daten über die Entwicklung des Mietmarktes liefert.

Welches sind die wichtigsten Datenquellen, die von der Beobachtungsstelle herangezogen werden, und wie stellen Sie deren Zuverlässigkeit sicher?

Wir erheben die Daten direkt bei den Akteuren des Mietmarktes. Konkret sammelt die HSW-FR viermal pro Jahr detaillierte Informationen bei den Partner-Immobilienverwaltungen. Dieses Vorgehen gewährleistet eine Echtzeitbeobachtung und gibt die Marktrealität präzise wieder. Unser Abdeckungsgrad des Mietmarktes ist recht hoch und repräsentativ, da fast die Hälfte des gesamten Mietbestands erfasst wird.
Die Immobilienverwaltungen engagieren sich aktiv und erhalten im Gegenzug personalisierte sowie vertrauliche Berichte, diees ihnen ermöglichen, ihre Strategie entsprechend anzupassen. Diese Zusammenarbeit schafft ein Klima des Vertrauens und erhöht die Qualität der erstellten Analysen.

Welche Trends haben sich seit der Gründung im Jahr 2018 herauskristallisiert?

Die Ergebnisse veranschaulichen bemerkenswerte Entwicklungen auf dem Mietmarkt. In Freiburg liegt die Quote der verfügbaren Mietwohnungen bei 1,10 %, was 135 Wohnungen bei einem Bestand von 12’309 Einheiten entspricht, die bis Ende September 2024 erfasst wurden. Unsere Daten zeigen, dass kleine Wohnungen die höchste Leerstandsquote aufweisen, was auf einen erhöhten Bedarf an grösseren Wohnungen hindeutet, die auch für Familien geeignet sein könnten.

« Zuverlässige und transparente Informationen ermöglichen gehaltvolle Diskussionen zwischen Investoren und Entscheidungsträgern.» Marilyne Pasquier

 

In Bulle war die Entwicklung besonders beeindruckend. Bei der ersten Datenerhebung im Dezember 2021 standen 6,53 % des Immobilienbestands leer. Heute ist diese Quote auf 0,34 % gesunken, was auf eine rasante Schrumpfung des Mietangebots schliessen lässt. Generell liegt die Leerstandsquote in den drei im Pilotprojekt untersuchten Städten (Freiburg, Bulle und Estavayer-le-Lac) unter 2 %, was auf einen hohen Druck auf den Immobilienmarkt hinweist. Langfristig planen wir zudem, den Mietwohnungsbestand in Bauprojekten zu erfassen, um die Entwicklung des Mietmarktes besser vorherzusehen.

Wie beeinflusst die Beobachtungsstelle die Wohnungspolitik?

Unsere Aufgabe ist es, eine gemeinsame Diskussionsgrundlage für alle beteiligten Akteure – Investoren, öffentliche Institutionen und politische Entscheidungsträger – zu schaffen. Exakte und objektive Daten ermöglichen, Markttrends besser zu verstehen und Entwicklungen frühzeitig zu erkennen. Ein zentrales Thema der politischen Debatten sind die Mieten. Durch die Bereitstellung von Fakten über den Markt ermöglichen wir es den Behörden, ihre Politik fundiert zu gestalten, sei es durch die Förderung neuer Wohnbauprojekte oder die Regulierung bestimmter Praktiken.

Wie finanziert sich die Beobachtungsstelle? 

Die Beobachtungsstelle basiert auf einer öffentlich-privaten Finanzierung. Sie wird vom Staat Freiburg (über das Wohnungsamt und die HSW-FR), von den Berufsverbänden (acht strategische und vier ordentliche Mitglieder) sowie von den Stadtgemeinden (Freiburg, Bulle und Estavayer-le-Lac im Jahr 2024) finanziert. Dieses Modell sorgt für eine ausgewogene Steuerung.

Berücksichtigt die Beobachtungsstelle auch Umweltfragen, wie zum Beispiel die energetische Sanierung?

Noch nicht, aber dies gehört zu den Zielen des Vereins Wohnungsund Immobilienmonitor: die wichtigsten Akteure des Freiburger Immobilienmarktes zusammenzuführen. Das Monitoring soll auf energetische Sanierungen ausgeweitet werden, um die relevantesten Sanierungsarbeiten zu identifizieren. Auch die Analyse der leerstehenden Geschäftsräume, insbesondere seit der Covid -Krise, ist ein zentrales Thema der Überlegungen. Die Herausforderung besteht darin, Gemeinden und Investoren bei ihren Entscheidungen zu unterstützen, indem Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt und Marktentwicklungen antizipiert werden.

Welches sind die grössten Herausforderungen?

Die grösste Herausforderung liegt im rechtlichen Bereich. Die Beobachtungsstelle wurde bisher im Rahmen eines jekts betrieben, das von besonderen Bedingungen profitieren konnte. Für eine dauerhafte Einrichtung ist jedoch eine kontinuierliche Verarbeitung der Mietdaten sowie der Zugang zu weiteren Datenquellen, etwa dem kantonalen Einwohnerregister, erforderlich. Daher wird eine Gesetzesänderung notwendig sein. Im ersten Halbjahr 2025 muss dem Freiburger Grossen Rat ein Gesetzesentwurf vorgelegt werden, um die Weiterführung unserer Arbeit zu gewährleisten.

Wie sehen Sie die Zukunft der Beobachtungsstelle für den freiburgischen Wohnungsmarkt?

Der Staatsrat und die Mitglieder des Wohnungs- und Immobilienmonitors haben beschlossen, diese Initiative, die sich als strategisches Instrument für die Verwaltung des Immobilienmarktes etabliert hat, dauerhaft fortzuführen – was uns sehr freut. Die Entwicklung dieses Immobilienonitoringools wurde vom Bundesamt für Wohnungswesen als Referenzprojekt ausgezeichnet, was die Zweckmässigkeit unserer Methodik belegt. Mehrere Kantone interessieren sich bereits für unser Modell, und wir arbeiten daran, dessen Übertragbarkeit zu erleichtern. Allerdings reicht es nicht aus, ein System einfach zu kopieren; man muss die Instrumente auch an die lokalen Gegebenheiten anpassen. Unsere Aufgabe ist es, Fachwissen und einen methodischen Rahmen zur Verfügung zu stellen, um zuverlässige und relevante Informationen ans Tageslicht zu fördern, die direkt mit der Mietpraxis verbunden sind, sich beständig weiterentwickeln und spezifisch auf die Entscheidungsbedürfnisse der betroffenen Akteure zugeschnitten sind.

Durchschnittlicher Mietpreis (Netto ohne Nebenkosten) für eine 3-Zimmer-Wohnung in:

  • Bulle: CHF 1293.–
  • Estavayer: CHF 1267.–
  • Freiburg: CHF 1230.–